Blog der Physiotherapie Praxis Birgel / Reutlingen

3 Ernährungs-Mythen, die Sie kennen sollten, wenn Ihnen Ernährung wichtig ist

Obst und Gemüße für eine gesunde Ernährung

In diesem Beitrag möchte ich einigen weit verbreiteten Ernährungsmythen, die sich noch immer hartnäckig halten, den Zahn ziehen und Ihnen frischeres Wissen vermitteln.

Ich hoffe Sie haben die meisten der nachfolgenden Erzählungen längst über Bord geworfen und wenden diese nicht mehr in Ihrem Alltag an.

Ansonsten ist es höchste Zeit, diese veralteten Sichtweisen aufzugeben, denn Sie bringen keinen Mehrwert für Ihren Körper und können sogar schädlich sein.

Los geht’s…

Mythos Nr.1

Man sollte generell viel mehr trinken!

Diese Annahme ist weit verbreitet und soll angeblich eine wichtige Ursache für Kopfschmerzen und andere schlimme Krankheiten sein.

Tatsächlich ist es so, dass bei älteren Leuten das Durstgefühl etwas nachlassen kann und auch beim Sport sollte man über den Durst trinken, um den Flüssigkeitshaushalt im grünen Bereich zu halten.

Ansonsten ist es aber nicht gesundheitsfördernd, wenn man sehr viel trinkt, denn es klingt doch bestimmt auch für Sie verständlich, dass Ihre Nieren nicht die ganze Zeit auf Hochtouren arbeiten wollen und Pausen brauchen, oder nicht?

Interessant ist, dass die Denkweise des vielen Trinkens hauptsächlich von einem namhaften Trinkwasser-Hersteller verbreitet wurde. Deren Werbung propagierte dies mit dem Ziel, mehr Umsatz zu machen.

Dieser Mythos hat also keinen Mehrwert für Ihre Gesundheit und entstammt aus einer simplen TV Werbung, nicht aus einer fundierten medizinischen Informationsquelle.

Achten Sie also nicht darauf, ständig zur Wasserflasche zu greifen, es reicht vollständig aus, wenn Sie sich auf Ihr natürliches Durstgefühl verlassen.

Ihr Körper sagt Ihnen sehr präzise, wann er etwas möchte und wann nicht.

Wir haben nur verlernt, darauf zu hören!

Mythos Nr. 2

Kohlenhydrate machen dick und sind ungesund!

Spätestens seit der bekannten Atkins-Diät kursiert noch immer der Glauben, dass Kohlenhydrate dem Körper schaden und lästige Fettpolster verursachen.

Low-Carb ist zu einem echten Trend-Wort geworden und kaum jemand hat mal nicht versucht, eine Weile die Kohlenhydrate vom Speiseplan zu verbannen oder zumindest zu reduzieren.

Die nächsten Zeilen sind daher ziemlich wichtig für das richtige Verständnis, warum Kohlenhydrate zu Unrecht ein so negatives Image haben und eigentlich in angemessener Menge auch auf Ihren Teller gehören.

Richtig ist, dass Kohlenhydrate sehr wichtige Energielieferanten sind und keineswegs generell verteufelt werden dürfen.

Ganz im Gegenteil ist es so, dass sie unser Gehirn dringend als „Treibstoff“ braucht und auch alle anderen Zellen durch sie angetrieben werden.

Sie sorgen dafür, dass die Glykogenspeicher in der Leber und noch mehr in der Muskulatur (eine Grundvoraussetzung für sportliche Leistungsfähigkeit) immer wieder aufgefüllt werden.

Die Sache mit den Kohlenhydraten und dem Abnehmen wird leider allzu oft aus dem Kontext gerissen und falsch bewertet.

Die Erklärung hierfür ist, dass Kohlenhydrate wirklich nicht wenige Kalorien besitzen und ein Verzicht oder eine Einsparung in der Tat zu einem Fett- und Gewichtsverlust führen kann.

Dies passiert aber nicht wegen der Kohlenhydrate an sich, sondern aufgrund der damit eingesparten Kalorien und einer folglich verbesserten Kalorienbilanz.

Sie sollten trotzdem keineswegs auf Kohlenhydrate komplett verzichten, sondern ein gutes Maß an in erster Linie komplexen Kohlenhydraten anstreben.

Obst und Gemüße für eine gesunde ErnährungKomplexe Kohlenhydrate, wie sie in Vollkornprodukten, Kartoffeln und Gemüse enthalten sind, sind durch viele Mikronährstoffe, Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe gesünder.

Außerdem halten sie den Blutzuckerspiegel für eine längere Zeit konstant, wodurch Sie sich besser fühlen und nicht immer in ein Leistungstief fallen, wie das bei schnellen Einfachzuckern (z. B. Traubenzucker) der Fall ist.

Ist Ihnen übrigens bewusst, dass Fett auch prinzipiell nicht immer als schlecht anzusehen ist?

Genau wie bei den Kohlenhydraten setzen Sie nämlich nicht wegen des Fetts an sich Speckringe an, sondern weil Fett die höchste Energiedichte hat und somit die meisten Kalorien mit sich bringt (1g. Fett = 9,3 kcal.).

Das heißt, dass Sie durch die Reduzierung von Fett am meisten Kalorien einsparen und leichter abspecken können.

Deswegen völlig auf Fett zu verzichten ist aber ziemlich ungesund, da es viele wichtige Funktionen erfüllt, wie unsere Organe zu schützen oder Energie für Notzeiten zu speichern.

Viel mehr sollten Sie sparsam mit dem Fett umgehen und mehr pflanzliche ungesättigte Fettsäuren (Oliven-, Lein-, Sonnenblumenöl) und Omega-3 Fettsäuren (Fisch) aufnehmen als tierische, gesättigte Fettsäuren.

Eine interessante Feststellung zu dem Thema Low-Carb (wenig Kohlenhydrate) oder Low-Fat (wenig Fett) schreibt der Autor Bas Kast in seinem Buch „Der Ernährungskompass“:

Man hat verschiedene Blue-Zones (= Zonen, in denen Menschen alle sehr alt werden) untersucht und komischerweiße erkannt, dass es Zonen gibt, in denen die Menschen viel Fett und kaum Kohlenhydrate essen (Low-Carb) und Zonen, die sich genau gegenteilig ernähren (Low-Fat).

Da stellt sich einem unweigerlich die Frage, was denn nun besser ist, denn alle Zonen werden ja sehr alt und ernähren sich doch völlig gegensätzlich?

Auch wenn man die Meinungen aus den fast schon religiösen Lagern der Low-Carb und Low-Fat Anhängern genau unter die Lupe nimmt, haben beide Gruppen Argumente, die absolut sinnvoll und logisch erscheinen.

Das verblüffende Ergebnis auf die Frage, ob Low-Carb oder Low-Fat gesünder ist, ist folgendes:

Beides kann richtig sein und funktioniert bei jedem individuell unterschiedlich.

Ich ergänze also zu meiner Aussage, dass gutes Fett und komplexe Kohlenhydrate wichtig sind, folgende einfache Regel:

Je mehr Körperfett Sie haben, desto schlechter vertragen Sie Kohlenhydrate und desto besser reagieren Sie auf Low-Carb.

Andersherum bedeutet das, dass Sie je weniger Körperfett Sie haben, desto besser Sie auf Low-Fat reagieren.

Der Grund für diese einfache Regeln ist, dass die Insulinsensitivität bei dickeren Leuten schlechter wird und deren Insulin nicht mehr so effizient Kohlenhydrate in die Zellen schleusen kann.

Betrachten Sie also Ihren Körperfettanteil und drehen Sie an den Stellschrauben der Kohlenhydrat- und Fettzufuhr entsprechend so, dass es bestmöglich für Sie abgestimmt ist und funktioniert.

Abnehmen in Reutlingen

Mythos Nr. 3

Abends essen setzt genauso viel Fett an wie morgens!

„Generell ist Ihrem Körper nicht so wichtig wann Sie etwas essen, sondern wie die Energiebilanz über den Tag betrachtet im Gesamten aussieht.“

Lange Zeit war das die einzige Regel, die ich für richtig hielt, wenn es um das Thema „ideales Timing der Nahrungsaufnahme“ ging.

Mittlerweile hat sich diese Sichtweise bei mir aber etwas gedreht, denn die Forschung und Erkenntnisse zu gesunder Ernährung verändern sich in gewisser Weiße stetig.

Es stimmt zwar, dass die Energiebilanz über den Tag noch immer nicht außer acht gelassen werden darf und wie eine Art mathematische Formel definitiv stimmt.

Was aber neu ist, ist die Erkenntnis, dass dieselbe Mahlzeit abends von Ihrem Körper, wie eine doppelte Mahlzeit aufgenommen wird.

Das heißt, wenn Sie morgens einen Teller Linsen essen und abends genau die gleiche Portion, ist es, als ob Sie abends zwei Portionen verspeist haben.

Jetzt denken Sie vielleicht: David, das ist doch schon längst klar, dass man abends weniger essen soll und mehr Fett ansetzt.

Stimmt, allerdings wusste man in der Wissenschaft bisher nicht, dass eine Mahlzeit wirklich so bedeutend mehr ins Gewicht fallen kann.

Die Ursache hierfür ist übrigens auch unsere veränderte Insulinsensitivität, denn morgens verarbeitet unser Körper die Kalorien viel effektiver als zu späterer Stunde.

Abends kann unsere Insulinfunktion sogar auf ein derartig niedriges Niveau absinken, dass man die Werte sogar beinahe mit denen eines Diabetes-Patienten vergleichen kann.

Unser Insulin gerät also im Tagesverlauf zunehmend in eine Art Schlaf und genau deswegen ist es besonders clever, wenn Sie den größten Teil Ihrer Kalorienaufnahme in der ersten Tageshälfte einnehmen.

3-4 Stunden vor dem Schlafen gehen ist es aufgrund der Verdauungsarbeit sowieso günstiger für eine erholsame Regeneration, wenn sie nichts mehr zu sich nehmen.

Im Arbeitsleben lässt sich diese Regeln natürlich nicht immer so einfach umsetzen und es ist auch kein Weltuntergang, wenn Sie mal abends essen.

Versuchen Sie einfach das Ganze im Hinterkopf zu behalten und bestmöglich umzusetzen.

Vielleicht konnte ich Ihren Ernährungs-Glauben nun ein wenig verändern.

Ich freue mich in jedem Fall, wenn Sie Ihre Ernährung mit dem Wissen um diese Mythen verbessern können und Ihrer Gesundheit damit einen kleinen, aber wichtigen Schub verpassen.